Donnerstag, 7. Juni 2012

Facebook oder der Fluch der Selbstdarstellung

Gesichtsbuch. Die Meinungen über die soziale Plattform gehen vielfältig auseinander. Die einen hassen es, verteufeln es - aus unterschiedlichsten Gründen. Die meistgenannten sind sicherlich Bedenken bzgl. der Privatsphäre, fehlende Kontrolle über das "Digitale Ich" oder die gezielte Ausnutzung von Nutzerprofilen für Werbezwecke. Die Gegenseite hat meistens recht wacklige Kommentare "Das benutzen ja alle", "ich nutze das nur zum chatten" oder "Es ist damit ja alles viel einfacher".
Auf dieser Argumentationsschiene können viele Argumente recht schnell relativiert werden, je nachdem mit wem man spricht kann solch eine Diskussion aber auch der Party/Launekiller schlechthin sein. Doch was ist der wahre Grund für die Nutzung von Facebook? Warum werden Status geteilt? Warum lädt jeder frischgebackene Elternteil Fotos von seinem Kind auf die Plattform damit alle "Freunde" das Kind sehen?
Kontrolle über hochgeladene Fotos und Videos gibt man sowieso ab. Die Rechte zu Vermarktungszwecken auch. "Das gehört sich ja so". Aber dies ist ein anderes, sehr sensibles Thema über das sich viele Nutzer keine Gedanken machen, keine Gedanken machen wollen oder das Thema aus reiner Überflutung einfach aufgegeben haben. Die Behandlung der Privatsphäre in sozialen Netzwerken wird an dieser stelle auch cniht weiter behandelt, hier gibt es viele andere, deutlich kompetentere Quellen als diesen Blog u.a. im Internet zu finden. Die eigentliche Frage ist, warum nutzen so viele Menschen das soziale Gefüge Facebook und warum sehen so viele Menschen es als unverzichtbaren Teil ihres Lebens, ihrer Netzidentität? Trotz der starken Einschränkung ihrer Privatsphäre?
Der Grund ist simpel: Selbstdarstellung. Das Prinzip der Selbstdarstellung existierte auch bereits vor Facebook, Herr Zuckerberg hat das System nur perfektioniert. Dies findet sich in vielen Kleinigkeiten wieder, recht intime Details wie Beziehungsstatus, Freundschaften, private Fotos und vieles mehr werden digital verteilt und ergänzen so das Bild welches uns im Internet repräsentiert. Via Likes, Shares, Events und anderen scheinbaren Banalitäten.
Ich kenne leider niemanden der in Psychologie bewandert ist und habe zu diesem doch recht interessanten Thema noch keinen Artikel gelesen - ist die Selbstdarstellung ein natürliches Bedürfnis in jedem Menschen? Mit unterschiedlichen Ausprägungen? Wenn jemand eine gute Quelle hierzu hat würde ich mich sehr freuen -  schließlich ist dieser Blog auch eine Form der Selbstdarstellung.

Und damit sind wir auch auf der Hobby/Tabletopebene angelangt. Das Äquivalent für Musik wäre beispielsweise Last.Fm oder Myspace, Arbeitgeber- und -nehmer haben Xing etc. Und auch "Miniaturenschubser" haben ihre sozialen Netzwerke, nehme man nur Foren, Blogs und Präsentationsplattformen wie CoolMiniOrNot. Auch hier besteht der Drang "Schaut her, ich habe das hier geschaffen" und lechzt nach Anerkennung, Kommentaren und auch Kritik. Auch hier wird gefrotzelt und beneidet, gelobpreiset und gewertschätzt. All diese kleinen Aspekte sind natürlich auch Teil der Netzkultur - wie auch dem realen Leben. Man ist stolz auf seine geleistete Arbeit, auf sein Kunstwerk. Der Drang sich zu präsentieren ist nicht neu, und das Hobby Tabletop kam nur langsam in Schwung auf dem Weg in das digitale Zeitalter.
Dennoch: Auch hier ignoriert man gewisse Einschränkungen der Privatsphäre. Ich habe keinerlei Kontrolle mehr was mit den hier im Blog hochgeladenen Photos passiert - hier nehme ich es in Kauf. Inkl. Photos von meiner Person. Ich schreibe über meine Leistungen, meine Pläne, meine neuesten Errungenschaften, meine Reisen das Hobby betreffend - und auch ausufernde Texte wie diesen.

Kann man dann eigentlich noch logisch argumentieren und "Nein" zu Facebook sagen, wo man doch genau die selben Dinge in Kauf nimmt an anderen Stellen? Oder ist das ganze eine ganz andere Metaebene? Oder ist das alles Unfug was ich hier niedergeschrieben habe? Ist die Abstinenz einer Netzidentität auf Facebook wirklich so ungewöhnlich, ein "Zurückbleiben" im digitalen Zeitalter? 

Letztendlich sind dies alles nur Ausreden und es greift ein Passus den mal ein kluger Mensch zu mir gesagt hat:

"Letztendlich ist das alles total egal, werde dir darüber klar was DU wirklich willst - alles andere braucht dich nicht zu interessieren. Wird man nur oll von wenn man immer alles mitmacht nur weil man anderen gefallen will."

So ganz hab ich's noch nicht verinnerlicht, aber ich arbeite dran. Einen Facebook Account habe ich seit einem halben Jahr nicht mehr. Viele meiner Freunde schon. Und manchmal habe ich das Gefühl als würde ich Dinge verpassen.
Das ist aber sicherlich vollkommener Blödsinn.
In dem Punkt bin ich mir sicher.
Fast.